Wie kommt der Clown ins Krankenhaus?
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Von Beruf Klinikclown - Interview mit Michael Christensen
Ohne ihn würde es ROTE NASEN nicht geben: Der Amerikaner Michael Christensen ist der Vater aller professionellen Krankenhausclowns. 1977 gründete der ausgebildete Schauspieler, Straßentheaterspieler und Clown mit seinem Partner Paul Binder den Big Apple Circus: einen Zirkus mitten in New York. Knapp zehn Jahre später dann hatte er das Erlebnis, dass ihn zum ersten Klinikclown machte und dazu führte, die Big Apple Circus Clowncare Unit aufzubauen. Wir trafen Michael bei der Klinikclownkonferenz im April 2018 in Wien. Bei der von RED NOSES International organisierten Konferenz waren Krankenhausclowns aus aller Welt zu Gast – denn Lachen ist ansteckend!
“1985 starb mein Bruder an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er hinterließ mir eine schwarze Arzttasche, die er auf einem Flohmarkt gekauft und von der er angenommen hatte, dass der Big Apple Circus oder ich sie bestimmt gebrauchen könnten. Nachdem mein Bruder gestorben war stellte ich die Tasche in meinen Schrank. Dann bekam ich im Frühling 1986 einen Anruf des Krankenhauses Columbia Presbyterian Medical Centre aus New York, und zwar von der Kinderstation. Die Dame, die mich anrief, hatte mich als Clown im Big Apple Circus auftreten sehen. Sie lud mich ein, bei einer Veranstaltung für Kinder aufzutreten, die eine Herz – OP hinter sich hatten. Da fiel mir die Arzttasche meines Bruders wieder ein. Ich nahm sie aus dem Schrank und füllte sie mit Spielzeug für clowneske medizinische Untersuchungen: Jonglierbälle für Augentests und Plastikspinnen für Herzbelastungstests zum Beispiel. Im Frühling 1986 betrat ich die Bühne des Krankenhauses als Dr. Stubs. Ich hatte 20 Minuten lang eine der besten Zeiten meines Lebens. Daraufhin bat mich der Leiter der Kinderstationen, regelmäßig zu kommen.
Laut Mark Twain gibt es zwei wichtigste Tage im Leben eines Menschen. Das ist einmal der Tag der Geburt und dann der Tag, an dem man herausfindet, warum man auf der Welt ist. An diesem Tag im Frühling 1986 fand ich heraus, was meine Bestimmung sein sollte. Ich war 38 Jahre alt und hatte viel Erfahrung im künstlerischen Bereich. Ich hatte Theater gespielt, in Musicals, im Zirkus, Kabarett und in Filmen, aber diese 20 Minuten waren die schönsten meines Lebens.
In der folgenden Zeit entdeckten mein Partner und ich die Grundlage dessen, was heute professionelle Klinikclownarbeit ausmacht: die Ermächtigung der Patienten. Wir merkten, dass wir als Clowns hilfloser sind als das kranke Kind. Die Kinder standen in der Hierarchie sofort über uns und mussten sich um uns kümmern und uns Anweisungen geben. Wir gingen nur in die Zimmer herein, wenn es uns die Kinder ausdrücklich erlaubten! Wir entdeckten auch, dass wir nicht nur für die Kinder da sind, sondern auch für deren Eltern und das medizinische Personal.
Innerhalb der letzten 32 Jahre hat sich die Krankenhausclownarbeit über die ganze Welt verbreitet. Wir sind Teil einer Bewegung in der Krankenhausversorgung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Ich träume von einem Krankenhaus, das erfüllt von Freude in all ihren verschiedenen Ausprägungen ist. Wir entdecken gerade erst, wie wir den Humor in den Krankenhaus- und unseren normalen Alltag integrieren können. Denn Freude überwindet alle Hindernisse.”
Michael Christensens Botschaft: Lachen ist ansteckend!